Leseprobe

„Das Ende vom Paradies“    Roman

Prolog

Lasst mich in Ruh´! Es hörte sich an, als hätte eine Frau geschrieen. Doch diese Stimme war die vom Paul Schuster, auch Zement-Schuster genannt. Zu seinen Eigenheiten gehörte, mit tiefer Stimme Stärke hervorzukehren. Wenn er von Ärger und Grimm überwältigt wurde, vergaß er darauf. Dann verkrampften sich seine Stimmbänder, dann hob ein Kreischen an und brach abrupt ab, mit einem Knall. Die Zimmertür schlug zu. So auch an diesem Morgen – für eine Weile rührte sich nichts, bis das Klopfen zu hören war, das Schlagen der Schreibmaschinentypen auf die Welle seiner Breitwagen-Rheinmetall. Er schlug mit den Tasten die Buchstaben aufs Papier, als wollte er der Maschine beibringen: So und nicht anders!

Seine Frau, die zweite in seinem Leben, inzwischen die einzige Person in seiner Nähe, war nach Schrei und Türknall in die Küche geflohen. Sie hatte ihn gefragt, vorsichtig, was er zum Frühstück haben möchte. Ob einfache Mehlsuppe, die ihm am liebsten war, oder vielleicht ein Ei? Sie wusste: Wenn er früh zeitig aufsteht und ohne zu frühstücken die schwere Maschine auf den Tisch stellt, ist mit ihm schwer auszukommen. Dann hämmert er all das, was ihn in der Nacht nicht schlafen ließ, in die Maschine

……

Dann war es soweit: Der Tag ihrer Umsiedlung ins Paradies.

An diesem Tag hing er, wie so oft in seinem Leben, mit dem Ohr am Telefunken-Radioapparat, suchte und horchte alle Sender ab, nach Meldungen von der veränderten Lage in Prag. Er hielt die Unruhen in Prag für unüberlegt. Die Russen greifen ein, lassen sich nichts vormachen, von wegen Sozialismus auf menschliche Art … Ihr König hatte keine Zeit, nach ihr zu schauen. Er klebte mit dem Ohr am vibrierenden Textil des Telefunken. Die Sender wurden gestört. Er versuchte aus einzelnen Worten den Fortgang der Dinge herauszuhören.

So durfte sie sich umschauen, in aller Ruhe, aus den Fenstern des oberen Stockwerkes, zuerst zur Morgen-, dann zur Mittagsseite. Sie öffnete das eine, dann ein weiteres Fenster, atmete die Kiefernluft und ließ ihre Blicke schweifen. Das also war es – das Paradies.